Zwischen Ferkeln und Traktoren: Was ein moderner Landwirt heute alles können und wissen muss
von Michael Sypien
Kaum ein Beruf ist so von Leidenschaft geprägt wie der des Landwirts. Doch in den letzten Jahrzehnten hat sich viel verändert. Wie Landwirte heute ausgebildet werden.
Die Anspannung in der Maschinenhalle ist zu spüren. Florian Ödamer sitzt gemeinsam mit seinen drei Prüfern am Tisch und beantwortet Fragen zu Getreide und Zuckerrüben. Das ist bereits der letzte Teil seiner praktischen Prüfung. Kurz vorher hatte es für ihn geheißen: Pflug an den Traktor anbauen, Verkehrssicherheit überprüfen und raus aufs Feld. Dort musste der 29-Jährige unter Aufsicht seiner Prüfer den Boden mithilfe der Spatendiagnose analysieren und danach, den Ergebnissen entsprechend, bearbeiten.
Dass jeder Landwirt viele unterschiedliche Themenbereiche auf dem Schirm haben muss, wird bei der Prüfung im Staatsgut Schwarzenau deutlich. Neben dem Bereich Pflanzenbau werden die zukünftigen Landwirte auch in den Bereichen tierische Erzeugung sowie Wirtschafts- und Sozialkunde geprüft. Sie müssen sowohl über Düngebedarfsplanung und Zwischenfrüchte Bescheid wissen als auch über Milchhygiene und die richtige Fütterung von Mastbullen.
Der Weg zur einheitlichen Prüfung war unterschiedlich. In Bayern gibt es im Wesentlichen zwei Möglichkeiten, die Ausbildung zum Landwirt oder zur Landwirtin zu absolvieren: durch eine dreijährige Lehre oder als Quereinsteiger in berufsbegleitenden Kursen (Bildungsprogramm Landwirtschaft).
Als Quereinsteiger Landwirt werden
Florian Ödamer hat sich entschieden, die Ausbildung als Quereinsteiger zu absolvieren. Der Junglandwirt führt gemeinsam mit seinen Eltern und seinem Bruder in Rittershausen im Landkreis Würzburg einen landwirtschaftlichen Nebenerwerbs-Betrieb mit 25 Hektar. Seine berufliche Laufbahn hatte er mit einer Ausbildung zum Mechatroniker gestartet. In diesem Beruf arbeitet er auch weiterhin in Vollzeit. Seinen landwirtschaftlichen Verpflichtungen kommt er vor Arbeitsbeginn oder nach Feierabend nach. „Ich mache das mehr als Hobby. Es macht mir Spaß“, sagt er.
Das Schöne für ihn an der Landwirtschaft? Wenn das Saatgut frisch aufgeht, später die Ernte beginnt und natürlich die Arbeit mit den großen Landmaschinen – das sind für ihn wertvolle, erfüllende Momente. Zwei Jahre lang besuchte er Seminare des Bildungsprogramms Landwirtschaft (BiLa-Seminare) des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Anfang Juli legte er seine schriftliche Prüfung ab, zwei Wochen später die praktische.
In den Prüfungstag startete Ödamer mit der praktischen Prüfung zu tierischer Erzeugung. „Am Vormittag haben wir mit 16 neugeborenen Ferkeln einen Gesundheits-Check gemacht“, erzählt Ödamer. Anschließend musste er seine Fertigkeiten in der pflanzlichen Erzeugung unter Beweis stellen. Nach fünf Stunden Prüfung hieß es endlich: herzlichen Glückwunsch zur bestandenen praktischen Prüfung. Seine Freude drückte der 29-Jährige lächelnd mit einem typisch fränkischen „Hat gepasst“ aus.
Ausbildungszahl in Unterfranken auf hohem Niveau
Zum Abschluss des Prüfungstages kamen alle Auszubildenden und Prüfer in einem Kursraum des Staatsgutes zusammen. Ausbildungsberaterin Anne Lutz von der Regierung von Unterfranken bedankte sich bei den ehrenamtlichen Prüfern und Prüferinnen und gratulierte den frisch gebackenen Landwirten. Alle sechs Prüflinge des Tages hatten die Tests bestanden. Bei Kaffee und Kuchen sowie dem einen oder anderen Kaltgetränk wurde verdient gefeiert.
Insgesamt 93 Prüflinge, ein Drittel davon Frauen, haben sich in diesem Jahr in Unterfranken zur Abschlussprüfung zum Landwirt beziehungsweise zur Landwirtin angemeldet. Mehr als die Hälfte davon, nämlich 50, sind Quereinsteiger. „Die Ausbildungszahlen sind in den letzten Jahren auf einem für Unterfranken hohen Niveau“, sagt Anne Lutz. Sie freut sich über jeden ausgebildeten Landwirt, denn längst müssen Bauern heutzutage hohe Anforderungen erfüllen – von der Düngebedarfsermittlung bis hin zu umfangreicher Dokumentation ihrer Feldarbeit.
Das Besondere ist, dass 38 Prozent der unterfränkischen Auszubildenden keinen eigenen Betrieb im Hintergrund haben, stellte Anne Lutz fest. Der Weg dieser Auszubildenden führe beispielsweise in die Verwaltung oder andere Bereiche der Landwirtschaft.
So wird man Landwirtin oder Landwirt
- Wege zur Landwirtschaft: Zum einen gibt es die dreijährige Ausbildung. Im ersten Ausbildungsjahr absolvieren die Auszubildenden ein Vollzeitberufsschuljahr, das sogenannte Berufsgrundschuljahr (BGJ). Das BGJ dient als Vorbereitung auf die nachfolgenden zwei Ausbildungsjahre. Das zweite und dritte Ausbildungsjahr finden direkt auf landwirtschaftlichen Betrieben statt. Berufsschule ist einmal pro Woche. Eine andere Möglichkeit gibt es für Nebenerwerbslandwirte. Diese können als Quereinsteiger in zwei Jahren die Ausbildung absolvieren. Dafür besuchen sie den Abend- und Wochenendunterricht des Bildungsprogramms Landwirtschaft (BiLa). Voraussetzung ist, dass sie bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen können und seit diesem Berufsabschluss mindestens vier Jahre im Nebenerwerb tätig waren.
- Nähere Infos gibt es bei Ausbildungsberaterin Anne Lutz: anne.lutz@reg-ufr.bayern.de oder Tel.: (0931) 3806256.
Friederike Bösener
MainPost vom 6.8.2025
Mit freundlicher Genehmigung
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Spatendiagnose (von links): Ausbildungsberaterin Anne Lutz, Berufsschullehrerin Marlene Nolte, Prüfling Florian Ödamer sowie die Landwirte Andreas Hirt und Oswald Behl analysieren die Bodenbeschaffenheit. Foto: Diana Fuchs -
Der Junglandwirt Florian Ödamer aus Rittershausen musste in seiner Prüfung den Pflug auf seine Verkehrssicherheit prüfen. Foto: Diana Fuchs